Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft hat besorgniserregende Zahlen veröffentlicht, welche auf den ersten Blick vermuten lassen, dass deutsche Unternehmen die Russland-Sanktionen durch Lieferungen an russische Grenzländer umgehen. Die Ausfuhren in Grenzstaaten Russlands haben im Vergleich zum Vorjahr stark zugenommen (z.B. Kirgistan: +996,6%, Kasachstan: +154,3 %, Georgien: +83,7 %). Die Statistiken können Sie hier aufrufen.
Dies führt zu der Vermutung, dass die EU-Sanktionen umgangen werden. Tatsächlich ist mittlerweile die Ausfuhr vieler Güter, wie Luxuswaren, Fahrzeuge- und Fahrzeugteile, Hochtechnologien, chemische Erzeugnisse, Metallerzeugnisse usw., aufgrund der EU-Sanktionsverordnungen nach Russland verboten. In diesem Zusammenhang berichten die Medien über angebliche Tricksereien Putins, um deutsche Sanktionen auszuhebeln.
Doch wirken die EU-Sanktionen gegen Russland wirklich so wenig, wie die Artikel vermuten lassen. Hierzu sollte man sich die Statistiken etwas genauer anschauen.
Die genauen Statistiken zeigen, dass die Ausfuhren von Deutschland nach Russland im Zeitraum Januar bis Februar 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 4,2 Mrd. EUR auf 1,7 Mrd. EUR gefallen sind. Das entspricht einem Minus von 59,3 %. Im Gegensatz dazu sind die Ausfuhren in Länder wie Kirgistan um 99 Mio., in Kasachstan um 330 Mio. und in Georgien um 50 Mio. gestiegen. Obwohl dies ein großer Anstieg ist, macht es im Vergleich zu den Ausfuhren nach Russland einen sehr geringen Anteil aus. Es ist wichtig, dass die Bundesregierung Untersuchungen durchführt, jedoch sollten keine pauschalen Vorwürfe gegen die deutsche Wirtschaft erhoben werden. Es ist auch zu beachten, dass die EU-Sanktionen gegen Russland bereits Wirkung zeigen. Auch gerade weil der Außenhandel nach der Corona-Krise langsam wieder angelaufen ist, ist der Rückgang der Ausfuhren nach Russland ein klares Zeichen für die Wirksamkeit der EU-Maßnahmen.
Um erkennen zu können, ob Vertragspartner möglicherweise an der Umgehung der Russland-Sanktionen beteiligt sind, hat das US Department of Commerce eine Compliance-Note mit einer Reihe Red-Flags veröffentlicht:
1. Verwendung von Firmenvehikeln (d.h. juristische Personen wie Briefkastenfirmen oder andere Rechtspersönlichkeiten), um (i) die Eigentumsverhältnisse, (ii) die Herkunft der Mittel oder (iii) die beteiligten Länder, insbesondere sanktionierte Länder, zu verschleiern;
2. Die Ablehung eines Kunden, Informationen über die Endnutzung eines Produkts weiterzugeben, einschließlich der Ablehnung, ein Endnutzerformular auszufüllen;
3. Nutzung von Briefkastenfirmen zur Durchführung internationaler Überweisungen, häufig unter Beteiligung von Finanzinstituten in Ländern, in denen das Unternehmen nicht registriert ist;
4. Verweigerung des Abrufes der üblichen Leistungen wie: Installation, Schulung oder Wartung des/der gekauften Artikel(s);
5. IP-Adressen, die nicht mit den von einem Kunden gemeldeten Standortdaten übereinstimmen;
6. Änderungen der Versandanweisungen in letzter Minute, die im Widerspruch zur Kundenhistorie oder Geschäftspraktiken zu stehen scheinen
7. Zahlung aus einem Drittland oder von einem Unternehmen, das nicht in der Endnutzererklärung oder einem anderen anwendbaren Endnutzerformular aufgeführt ist;
8. Verwendung von persönlichen E-Mail-Konten anstelle von Firmen-E-Mail-Adressen;
9. Betrieb komplexer und/oder internationaler Unternehmen unter Verwendung von Wohnadressen oder gemeinsamen Adressen für mehrere eng verbundene Unternehmen;
10. Änderungen an Standardverträgen, die den Endkunden nicht erkennen lassen;
11. Transaktionen, die eine Änderung von Sendungen oder Zahlungen beinhalten, die zuvor für Russland oder Weißrussland vorgesehen waren;
12. Transaktionen, an denen Unternehmen mit geringer oder keiner Internetpräsenz beteiligt sind; oder
13. Umleitung von Einkäufen über bestimmte Umschlagplätze, die üblicherweise dazu genutzt werden, verbotene Waren illegal nach Russland oder Weißrussland umzulenken. Solche Orte können China (einschließlich Hongkong und Macau) und Länder in der Nähe Russlands, darunter Armenien, die Türkei und Usbekistan.
Deutsche Unternehmen müssen sich verstärkt mit den Compliance-Risiken im Außenhandel auseinandersetzen, um Entwicklungen wie diese zu verstehen. Wenn Unterstützung benötigt wird, kann ZOLLSPEZIALISTEN weiterhelfen.
Abonnieren Sie einfach unseren Newsletter unter www.zollspezialisten.de/newsletter.