Allgemeines
Viele deutsche Unternehmen kaufen US-Waren oder verwenden US-Technologien, ohne sich der damit einhergehenden Verpflichtungen bewusst zu sein. Insbesondere sind sie oft nicht darüber informiert, dass der Kauf von US-Gütern die Einhaltung des US-Exportkontrollrechts erfordert. Dieses Gesetz ist das einzige Exportkontrollrecht, das über seine nationalen Grenzen hinaus Anwendung findet und somit eine extraterritoriale Wirkung entfaltet. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in separaten Kaufvertragsbedingungen der Lieferanten von US-Gütern wird üblicherweise explizit auf die Einhaltung der US-Exportkontrollbestimmungen durch den Käufer hingewiesen.
Auch Unternehmen außerhalb der USA müssen diese Regelungen beachten, da bei Nichteinhaltung hohe Strafen drohen. Die amerikanischen Behörden können Geldstrafen verhängen oder die betroffenen Unternehmen auf US-Sanktionslisten setzen. Auch sind US-Prüfungen auch außerhalb der USA möglich. Eine Außenstelle der amerikanischen Behörden sitzt beispielsweise in Frankfurt und prüft von dort aus auch deutsche Unternehmen. Die drohenden Geldstrafen sind in der Regel höher als vergleichbare Strafen in der EU. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist der Fall der US-amerikanischen Firma Seagate, welche im April 2023 eine Geldstrafe von 300 Mio. EUR erhielt, da sie über einen Zeitraum von über einem Jahr Festplatten an das chinesische Unternehmen Huawei geliefert hatte.
Im Rahmen der Trade Compliance müssen daher auch deutsche Unternehmen entsprechende Prozesse vorweisen, damit Verstöße gegen die US-Exportkontrollbestimmungen möglichst ausgeschlossen werden können.
Im folgenden Artikel erhalten Sie einen Kurzüberblick über das US-Exportkontrollrecht.
Die amerikanischen Güterlisten
Im amerikanischen Recht gibt es, ähnlich wie im europäischen Recht, spezifische Güterlisten, welche zu beachten sind. Güter, die in diesen Listen aufgeführt sind, erhalten eine sogenannte Export Classification Number (ECCN), welche mit den deutschen Güterlistennummern vergleichbar sind. Vor der Durchführung eines Exportgeschäfts ist es daher essenziell zu prüfen, ob das betreffende Gut möglicherweise gelistet ist. Die zuständige Behörde für Dual-Use Güter in den USA ist das Bureau of Industry and Security (BIS). Für US-Rüstungsgüter ist das The Office of Foreign Assets Control (OFAC) zuständig. Die gelisteten Güter sind in der Commerce Control List (CCL) geführt. Die CCL kann unter folgendem Link abgerufen werden: Commerce Control List (CCL)
Der Aufbau und Inhalt der Commerce Control List (CCL) ähnelt stark den deutschen Güterlisten sowie den Anhängen der EU-Dual-Use-VO, da alle Listen aus denselben Kontrollregimen stammen. In diesen Regimen arbeiten diverse Staaten zusammen, um mögliche Ausfuhrbeschränkungen zum Beispiel zum Schutz des friedlichen Zusammenlebens der Völker zu besprechen. Auf Basis dieser Kontrollregime erlassen dann die entsprechenden Staaten oder Staatenverbände ihre eigenen Exportkontrollbestimmungen.
Eine Besonderheit des US-amerikanischen Systems ist jedoch, dass nicht gelistete Güter automatisch die Export Classification Number EAR99 erhalten, während im nationalen bzw. EU-Recht keine Güterlistennummer vergeben wird.
Falls ein US-amerikanisches Gut auf der Commerce Control List gelistet ist, besteht grundsätzlich eine Genehmigungspflicht bei der entsprechenden US-amerikanischen Behörde. Es ist ebenfalls zu beachten, dass zusätzlich eine nationale Ausfuhrgenehmigung erforderlich ist, falls das Gut auch auf einer EU- oder nationalen Güterliste aufgeführt ist.
Einbau von US-Güter in deutschen Endprodukten
Wenn Ihr Unternehmen US-Güter in Ihren Waren verbaut, kann dies dazu führen, dass das Endprodukt selbst als US-Gut definiert wird, woraufhin beim Umgang mit diesem die US-Exportkontrollbestimmungen anwendbar sind. Laut amerikanischem Recht ist der Anteil der US-Güter am Endprodukt ausschlaggebend. Die Schwelle wird durch die sogenannte De-Minimis-Regel definiert, welche grundsätzlich bei 25 % liegt. Beim Export in besonders kritische Länder, wie derzeit Iran, Sudan, Syrien, Nordkorea und Kuba, sinkt die Schwelle jedoch auf 10 %. Das bedeutet, dass eine in Deutschland produzierte Maschine, die aus mehr als 25 % US-Gütern besteht, auch hinsichtlich des US-Exportkontrollrechts geprüft werden muss. Zur Durchführung der De-Minimis-Prüfung können die vom Bureau of Industry and Security (BIS) bereitgestellten De-Minimis-Regeln und -Richtlinien als Hilfsmittel genutzt werden.
In welches Land wird exportiert?
Eine weitere wichtige Frage, die sich jeder Exporteur von US-Gütern bei der Exportkontrollprüfung stellen muss, ist „In welches Land wird exportiert?“. Im Gegensatz zum europäischen Recht, nach dem eine gelistete Ware bei Versand in jedes Drittland genehmigungspflichtig ist, legt das US-Exportkontrollrecht unterschiedliche Genehmigungspflichten je nach Zielland fest. Diese Regelungen sind in der Commerce Country Chartzu finden. Es ist wichtig zu beachten, dass jeder Export Classification Number (ECCN) bestimmte Reasons for Control zugeordnet sind. Die Reasons for Control sind folgende:
- Chemical and Biological Weapons
- Nuclear/ Nonproliferation
- National Security
- Missile Tech
- Regional Stability
- Firearms Convention
- Crime Control
- Anti-Terrorism
Sollte in der Commerce Country Chart festgestellt werden, dass für das jeweilige Zielland derselbe Reason for Control gegeben ist, der mit der ECCN verbunden ist, besteht eine Genehmigungspflicht.
Anzumerken ist zudem, dass für die Bestimmungsziele Kuba, Syrien, Krim und Nordkorea für alle US-Güter eine Genehmigungspflicht besteht, also auch für die nicht-gelisteten EAR99-Güter.
Wer ist der Empfänger der US-Güter?
Eine weitere Anforderung im Rahmen des US-Exportkontrollrechts besteht darin, dass die jeweiligen US-Sanktionslisten beachtet werden müssen. Auf diesen Listen sind verschiedene natürliche und juristische Personen wie Unternehmen oder Vereine aufgeführt. Beim Umgang mit US-Gütern muss sichergestellt werden, dass gelistete Personen keine US-Güter erhalten. Mithilfe der Sanctions List Search kann überprüft werden, ob eine Person auf einer dieser Listen aufgeführt ist.
Die US Behörden unterscheiden insbesondere in folgende Listen:
- Denied Person List (DPL) – Die Denied Persons List (DPL) ist eine von den USA erstellte Liste von Personen, Unternehmen und anderen Entitäten, denen der Export von US-Exportgütern und -technologie verboten ist. Diese Personen und Entitäten werden als „verweigerte Personen“ betrachtet und dürfen keine US-Exportgüter oder -technologie erhalten oder diese nutzen. Die Eintragung in die DPL erfolgt aufgrund von Verstößen gegen das US-Exportkontrollrecht, einschließlich Verstößen gegen Embargos, Sanktionen und andere Bestimmungen. Unternehmen, die mit einer Person oder Entität auf der DPL Geschäfte tätigen, können ebenfalls mit Strafen und Sanktionen belegt werden. Die DPL wird vom US-amerikanischen Bureau of Industry and Security (BIS) verwaltet und ist ein wichtiger Bestandteil des US-Exportkontrollsystems. Ein Geschäft mit US-Gütern ist verboten
- Specially Designated Nationals List (SDN) – Die Specially Designated Nationals List (SDN-Liste) ist eine von der US-Regierung erstellte Liste von Personen, Unternehmen und Organisationen, gegen die spezielle Sanktionen verhängt wurden. Diese Sanktionen können aufgrund von Gründen wie Terrorismus, Waffenhandel, Drogenhandel oder Menschenrechtsverletzungen verhängt werden. Die SDN-Liste ist Teil des US-amerikanischen Sanktionsprogramms und wird von der Office of Foreign Assets Control (OFAC) des US-Finanzministeriums verwaltet.Wenn eine Person oder Organisation auf der SDN-Liste steht, sind US-Unternehmen und Einzelpersonen verpflichtet, jegliche Geschäftsbeziehung oder Transaktionen mit dieser Person oder Organisation zu unterlassen. Zudem dürfen keine Gelder, Eigentum oder Vermögenswerte an sie übertragen werden. Unternehmen und Einzelpersonen sollten die SDN-Liste regelmäßig überprüfen, um sicherzustellen, dass sie keine Geschäfte mit Personen oder Organisationen auf der Liste tätigen, da Verstöße gegen Sanktionen erhebliche zivil- und strafrechtliche Konsequenzen haben können.
- Entity List – EL – Die Entity List ist eine von den USA erstellte Liste von Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen, die als Bedrohung für die nationale Sicherheit oder die außenpolitischen Interessen der USA angesehen werden. Unternehmen und Einzelpersonen, die auf der Entity List stehen, sind von der Teilnahme an bestimmten Exportgeschäften betroffen. US-Unternehmen oder Unternehmen, die mit US-Gütern handeln, dürfen keine Exporte an Unternehmen oder Personen auf der Entity List durchführen, es sei denn, eine spezielle Genehmigung wurde vom US-amerikanischen Bureau of Industry and Security (BIS) erteilt. Die Eintragung in die Entity List kann aufgrund von Faktoren wie der Beteiligung an Aktivitäten im Zusammenhang mit Waffentechnologie, dem Missbrauch von Menschenrechten oder der Unterstützung von Terrorismus erfolgen. Ein Geschäft mit Personen auf dieser Liste ist daher grundsätzlich genehmigungspflichtig.
- Unverfied List (UL) – Die Unverified List ist eine Liste, die vom US-amerikanischen Bureau of Industry and Security (BIS) verwaltet wird und Unternehmen oder Personen enthält, bei denen die US-Behörden die Richtigkeit oder Vollständigkeit der bereitgestellten Informationen nicht bestätigen können. Die Eintragung in die Unverified List bedeutet jedoch nicht, dass das Unternehmen oder die Person gegen das US-Exportkontrollrecht verstoßen hat oder eine Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellt. Vielmehr wird eine Eintragung als ein „red Flag“ betrachtet, die darauf hinweist, dass weitere Überprüfungen und Überwachungen notwendig sein können, bevor eine Genehmigung für Exporte erteilt wird. Das bedeutet, dass ein Unternehmen oder eine Person, die auf der Unverified List steht, einer höheren Kontrollstufe unterliegt, wenn es um die Genehmigung von Exporten geht, die US-Exportgüter enthalten. Ein Geschäft mit Personen auf dieser Liste ist daher grundsätzlich genehmigungspflichtig.
- Military End-User List – Die Military End User List (MEU) ist eine von den USA erstellte Liste von Entitäten, die in der Regel militärische Anwendungen von US-Exportgütern machen. Diese Liste enthält Namen von Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen, die von den US-Behörden als militärische Endanwender betrachtet werden, unabhängig davon, ob die Endverwendung tatsächlich militärisch ist oder nicht. Die MEU-Liste ist Teil des US-Exportkontrollsystems und zielt darauf ab, zu verhindern, dass US-Exporte in militärischen Anwendungen enden, die möglicherweise in der Lage sind, die nationale Sicherheit der USA zu gefährden oder internationale Abkommen zu verletzen.
Bitte beachten Sie: Die generelle Einhaltung der US-Bestimmungen ohne jeglichen US-Güterbezug ist verboten und wird strafrechtlich geahndet.
Als Reaktion auf die extraterritorialen Auswirkungen der US-Sanktionen im Rahmen der Iran-Sanktionen hat die EU die EU-Blocking-Verordnung (EG) 2271/96 veröffentlicht. Gemäß dieser Verordnung dürfen europäische Unternehmen keine Forderungen oder Verbote, die auf den im Anhang der EU-Blocking-Verordnung genannten US-Sanktionen beruhen, befolgen. Obwohl diese Verordnung die politischen Interessen der EU schützt, stellt sie europäische Unternehmen vor ein Dilemma, da ihre wirtschaftlichen Interessen dadurch beeinträchtigt werden können. Aus diesem Grund ist die EU-Blocking-Verordnung derzeit noch nicht besonders relevant in der Praxis. Es wurden jedoch bereits Änderungen an der Verordnung angekündigt, da die EU die damit verbundenen Herausforderungen erkannt hat. Die weitere Entwicklung dieser Regelungen bleibt abzuwarten.
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